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Guter Wein aus nachhaltigen Schläuchen – Arbeitsbesuch des IWU bei Fraunhofer Portugal

Seit Anfang 2022 arbeitet das Fraunhofer IWU mit Fraunhofer Portugal daran, Winzereien nachhaltiger zu machen. Zusammen geschieht das im Rahmen des Projekts »Sustainable winery«, welches über das Fraunhofer Programm PACT gefördert wird. Für das IWU ist die Branche Neuland, aber auch hier können Lösungen aus unseren Kernbereichen wie der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau zur Verbesserung der Prozesse genutzt werden.

Im August 2022 besuchten Marian Süße und ich zwei sehr unterschiedliche Unternehmen in Portugal, um deren Prozesse und Herausforderungen besser kennenzulernen. Außerdem konnten wir endlich die wunderbaren Kolleginnen und Kollegen des Fraunhofer AWAM kennenlernen und zusammen mit ihnen erste Ideen für konkrete Verbesserungen entwickeln. Wenn Sie das neugierig gemacht hat und Sie gerne erfahren würden, welcher Wein von Einheimischen empfohlen wird, sollten Sie unbedingt weiterlesen.

Quer durch Portugal – Weine aus Alentejo und Douro

Abbildung 1: Empfangsbereich der Universität Evorá

„Sind wir hier richtig?“ – Diese Frage stellen wir uns in einem eher verlassenen Gebäude der Universität Évora. Aber der handgeschriebene Zettel an der Tür sagt Fraunhofer AWAM, zusätzlich steht dort eine Telefonnummer, die wir anrufen. Kurz nach unserem Anruf werden wir von Susana Filipe begrüßt, sie ist Lab Manager am »Fraunhofer Portugal Research Center for Smart Agriculture and Water Management«. Susana führt uns in das obere Geschoss des Gebäudes, in dem provisorische Büros eingerichtet sind. Auch hier hat die Pandemie Zeitpläne durcheinandergeworfen, längst hätten in dem Fraunhofer Institut Renovierungsarbeiten und der Aufbau von Laboratorien erfolgen sollen. Trotzdem freuen wir uns angekommen zu sein und mit Susana das erste Mal persönlich ins Gespräch zu kommen. Durch mehrere digitale Projektreffen kennen wir uns schon. Nach einer kurzen Besprechung des Zeitplans für die nächsten Tage geht es dann auch schon zur ersten Winzerei, die etwas außerhalb von Évora gelegen ist.

Abbildung 2: Eingang zur Fundação Eugénio de Almeida

Als wir an der »Fundação Eugénio de Almeida« ankommen erschlägt uns die Hitze.Tagelange Temperaturen um die 40°C und die extreme Trockenheit sind auch hier nicht normal und ein Warnsignal des Klimawandels.Hinter der historischen Fassade verbergen sich moderne Anlagen des großen Weinproduzenten, der in ganz Portugal einen exzellenten Ruf genießt. Insgesamt dauert unser Besuch vier Stunden, bei dem wir alle Produktionsschritte sehen und uns mit den Verantwortlichen über Möglichkeiten zur Verbesserung austauschen.

Am nächsten Tag starten wir von Évora, in der Region Alentejo, zu einer fünfstündigen Fahrt in den Norden Portugals zur Winzerei »Folias de Baco«. Die Landschaft ändert sich, weite Ebenen werden von terrassierten Weingärten abgelöst – wir sind im Douro angekommen, das seit 1756 weltweit erste geschützte Weinbaugebiet. Die Winzerei hier ist erheblich kleiner und verschreibt sich der Produktion natürlicher Weine. Dabei sollen möglichst wenige Zusätze genutzt werden. Auch traditionelle Verfahren, wie die Fermentierung in großen Tonkrügen, leben hier weiter. Bei unserem Besuch sehen wir eine Baustelle für ein neues Produktionsgebäude, gerade für uns als Fabrikplaner ist das natürlich interessant. Auch hier besprechen wir mit dem Besitzer unseren Fragebogen und erheben erste Daten, um später Verbesserungspotentiale abzuleiten.

Abbildung 3: Landschaft im Douro-Tal

Am nächsten Tag neigt sich unser Besuch in Portugal langsam dem Ende zu, ein letztes Mal treffen wir uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Vila Real, auch hier hat das Fraunhofer AWAM ein Büro. Dabei besprechen wir erste konkrete Vorschläge, um die Nachhaltigkeit der besuchten Winzereien zu verbessern und welche Themen wir im weiteren Projektverlauf weiter fokussieren wollen.

Erste Ideen und weitere Schritte

Im Projekt zählen die Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen und die Optimierung der Energieversorgung zu den Schwerpunkten des IWU. Das Fraunhofer AWAM kümmert sich um die Themen Wasseraufbereitung und die Reststoffverwertung. Einige erste Ideen für unsere Schwerpunkte sind:

  1. Intelligentes Scheduling von Produktionsaufträgen, um möglichst selten die Rebsorten zu wechseln. Denn zwischen jedem Wechsel müssen die Anlagen gereinigt werden, was den Wasserverbrauch erhöht. Die erste Umsetzungsidee stammt dabei aus einem thematisch sehr unterschiedlichen Bereich und zwar der Planung von Aufträgen einer Lackieranlage.
  2. Weiterer Ausbau von erneuerbaren Energien: Auch wenn es hier schon erste Ansätze gibt, könnten die Weingärten in Zukunft ein Aufstellort von PV-Anlagen sein. Hier ist aus dem Fraunhofer-Gesellschaft unter anderem auch das Fraunhofer ISE aktiv.
  3. Intelligentes Energiemanagement: Hier lassen sich in Zukunft batterieelektrische Traktoren als Energiespeicher nutzen. Indem diese tagsüber mit PV-Strom geladen und nachts zur Ernte eingesetzt werden. Das würde die Abhängigkeit des Weinguts von fossilen Brennstoffen erheblich verringern. Auch der Einsatz von Wasserstoff kann zu diesem Ziel beitragen.

Daneben existieren noch weitere Ideen bei den Themen Wasseraufbereitung und Verwertung von Reststoffen z. B. zur Herstellung von Biogas oder der Nutzung des CO2, das bei der Fermentierung entsteht. Insgesamt besteht ein großes Potenzial zur Verbesserung der Nachhaltigkeit von Weingütern in Portugal durch die Umsetzung dieser Methoden und Technologien. Das Fraunhofer-Team wird in Deutschland und Portugal weiter daran arbeiten, um diese Ideen weiterzuentwickeln und umzusetzen.

Ein Dankeswort und Weinempfehlung

Marian und ich haben uns in Portugal sehr willkommen gefühlt. Dafür danken wir Susana, Vitor, Mara, Leonor und allen anderen Kolleginnen und Kollegen. Auch die Organisation der Besuche war ausgezeichnet und gerade in der Erntesaison nicht einfach zu organisieren. Ein weiteres Highlight waren natürlich nach unseren langen Arbeitstagen auch die Restaurantbesuche mit vielen Empfehlungen. Obrigado!

Zum Schluss möchte ich wie versprochen Ihnen die Weinempfehlung nicht vorenthalten. Der »Uivo Renegado« von »Folias de Baco«, hat den Rückflug gut überstanden und schmeckt auch bei ungemütlichem deutschem Herbstwetter vorzüglich.

Maximilian Stange

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