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Projektreview: Wasserstoffbeimischung im bestehenden Erdgasnetz in Deutschland 

Wasserstoff gilt als ein wichtiger Energieträger auf dem Weg zu einer dekarbonisierten Gesellschaft. Im langfristigen Prozess des Aufbaus der Wasserstoffinfrastruktur wird die Beimischung von Wasserstoff in das bestehende Erdgasleitungsnetz als kurzfristige Übergangsstrategie angesehen. [1]  

Im Vergleich zu Erdgas hat Wasserstoff eine geringere Dichte, eine breitere Verbrennungsgrenze und eine schnellere Verbrennungsrate. Wasserstoff hat auch eine zersetzende Wirkung auf metallische Werkstoffe, mit den üblichen Problemen wie Wasserstoffversprödung und -rissbildung. [2] Daher kann die Verwendung bestehender Erdgaspipelines für den Transport großer Wasserstoffmengen Sicherheitsprobleme aufwerfen. Die Grenzwerte für den volumetrischen Mischungsanteil von Wasserstoff in den verschiedenen Komponenten der Gasinfrastruktur und Nutzungsoptionen sind in Tabelle 1 aufgeführt. 

Tabelle 1: Grenzen für H2-Beimischung-Raten ausgewählter Komponenten der Gasinfrastruktur und Nutzungsoptionen [3]

Um ein klimaneutrales Europa bis 2050 Wirklichkeit werden zu lassen, wird in Deutschland aktiv in verschiedenen Pilotprojekten zur Wasserstoffeinspritzung und -beimischung gearbeitet. Nachfolgend haben wir daher eine kleine Zusammenstellung aufbereitet.  

WindGas Falkenhagen  

Das einst größte Power-to-Gas Pilotprojekt Europas, „WindGas Falkenhagen“, hat 2013 den Betrieb aufgenommen. Der von rund 2 MW Windkraft erzeugte Strom wird durch einen alkalischen Elektrolyseur in bis zu 360 m³/h Wasserstoff umgewandelt, der mit einem Anteil von bis zu 2 Vol.-% in das Hochdruckerdgasnetz der ONTRAS Gastransport eingespeist wird.  

WindGas Hamburg 

Nach dreijähriger Vorbereitungszeit wurde das Projekt „WindGas Hamburg“ ins Leben gerufen und 2015 in Betrieb genommen. Ein PEM-Elektrolyseur mit einer Nennleistung von einem Megawatt kann 290 m³ Wasserstoff pro Stunde erzeugen. Der erzeugte Wasserstoff wurde in das örtliche Erdgasnetz in Hamburg eingespeist. 

Haßfurt 

Seit 2016 wird in einer Anlage in Haßfurt überschüssiger Strom mit einem PEM-Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt. Anschließend wird das Windgas mit einer Beimischungsrate von 5% direkt in das lokale Gasnetz eingespeist. Eine benachbarte Mälzerei befeuert damit ihre Blockheizkraftwerke. 

Innovationsvorhaben 20 Vol.-% Wasserstoff 

In einem Kooperationsprojekt der Eon-Tochter Avacon und dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) wird einem Netzabschnitt im Gasverteilnetz von Avacon im Jerichower Land in Sachsen-Anhalt bis zu 20% Wasserstoff beigemischt, was deutlich über der durch das DVGW-Regelwerk gedeckten Beimischungshöhe (10%) liegt. Im Rahmen der Zulassung wurden alle Geräte mit einem bereits 23% Wasserstoff enthaltenden Prüfgas getestet. Die Wasserstoffeinspeisung ist für zwei Heizperioden geplant, 2021/22 und 2022/23, mit einer schrittweisen Einspeisung von 10%, 15% und 20% Wasserstoffbeimischung. Die Ergebnisse dieses Projekts könnten als Modell für die Verwendung von Wasserstoff in der Zukunft im Gasverteilungsnetz dienen. 

Wasserstoff-Insel Öhringen 

In Öhringen, wo sich die Netze BW GmbH befindet, ist ein Gebiet inselartig vom bestehenden Erdgasnetz getrennt. Seit November 2021 werden die Betriebsgebäude der Netze BW mit einem Gasgemisch aus Wasserstoff und Erdgas versorgt. Im Juni 2022 erreichte der Anteil von Wasserstoff 30%. Das Erdgas-Wasserstoff-Gemisch mit diesem Anteil wurde anschließend an fast 30 Haushalte geliefert. Lediglich bei den älteren Hausgasanlagen ist eine geringfügige Nachrüstung erforderlich, erklärt die Projektleiterin. 

TrafoHyVe 

Der Name des Verbundvorhabens TrafoHyVe steht für „Transformationsprozess für die Integration von Wasserstoff auf Verteilnetzebene“. Das Projekt wurde im Januar 2022 offiziell gestartet. In technischer, infrastruktureller und wirtschaftlicher Hinsicht wird ein innovativer Planungsansatz angestrebt, der die Umstellung des existierenden Verteilungsnetzes und der daran angeschlossenen Kundenanlagen auf Wasserstoffkonzentrationen von 20 bzw. 100 Vol.-% ermöglicht. 

Zusätzlich zu den oben dargestellten Projekten gibt es in Deutschland noch zahlreiche laufende oder geplante Pilotprojekte zur Einspeisung von Wasserstoff in Erdgasnetze. Es sind weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erforderlich, um das Verständnis der Auswirkungen von Wasserstoff auf die bestehende Infrastruktur zu verbessern. [4] 

Abbildung 1: Die Unterteilung der zwei Phasen der ‚Wasserstoff-Insel Öhringen‘ 

Abbildung 1: Die Unterteilung der zwei Phasen der ‚Wasserstoff-Insel Öhringen‘ 

Quelle der Abbildung 1: Netzinnovationen – Wasserstoff-Insel Öhringen – Netze BW GmbH (netze-bw.de) 

[1] ERDENER, Burcin Cakir, et al. A review of technical and regulatory limits for hydrogen blending in natural gas pipelines. International Journal of Hydrogen Energy, 2022. https://doi.org/10.1016/j.ijhydene.2022.10.254

[2] LAUREYS, Aurélie, et al. Use of existing steel pipeline infrastructure for gaseous hydrogen storage and transport: A review of factors affecting hydrogen induced degradation. Journal of Natural Gas Science and Engineering, 2022, S. 104534. https://doi.org/10.1016/j.jngse.2022.104534

[3] BARD, Jochen, et al. The Limitations of Hydrogen Blending in the European Gas Grid. 2022. https://www.h2knowledgecentre.com/content/researchpaper3029

[4] RIECHMANN, C., et al. Potentials of Sector Coupling for Decarbonisation—Assessing Regulatory Barriers in Linking the Gas and Electricity Sectors in the EU. European Comission: Brussels, Belgium, 2019. https://www.frontier-economics.com/media/3799/potentials-of-sector-coupling-final-report.pdf

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