Mit dem rasanten Wachstum der Elektromobilität steigt der Bedarf an leistungsstarken Schnellladelösungen kontinuierlich. Um die Anforderungen an eine Energieübertragung im Megawattbereich zu erfüllen, müssen neue Kontaktsysteme entwickelt werden, die den extremen elektrischen und thermischen Belastungen standhalten. Insbesondere die Kopplung von elektrischen, thermischen, mechanischen und strömungstechnischen Effekten führt zu einem komplexen Verhalten an der Kontaktstelle. Dadurch wird ein vertieftes Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen sowie eine gezielte Strukturoptimierung erfordert.
Im Rahmen des internen Forschungsprojekts ElectroSurface arbeiten wir vom Fraunhofer IWU gemeinsam mit dem Fraunhofer IVI und IST an der Entwicklung einer neuartigen Stirnkontaktstruktur für das Schnellladen im Fahrzeugbereich. Zu diesem Zweck wurde ein Wirkstellenprüfstand zur elektro-thermischen Charakterisierung von Stirnkontakten aufgebaut, mit dem die relevanten Eigenschaften unter kontrollierten Bedingungen erfasst werden können. Dabei werden unter anderem der Kontaktwiderstand und das thermische Ansprechverhalten dokumentiert. Aufgrund der begrenzten räumlichen Auflösung der Messtechnik in kleinen Kontaktbereichen sowie der Komplexität multiphysikalischer Wechselwirkungen lassen sich viele Phänomene experimentell nur eingeschränkt erfassen. Um diese Lücken zu schließen, wird eine gekoppelte elektro-thermo-fluidische Simulation eingesetzt, mit der das Verhalten der entwickelten Struktur umfassend analysiert werden kann.
Simulationsmethode
Beim Durchfluss hoher Ströme entstehen im Kontaktbereich aufgrund hoher Stromdichten erhebliche Wärmemengen, die über natürliche Konvektion an die Umgebung abgegeben werden. Der Wärmeübergang zwischen Kontaktfläche und Luft wird jedoch maßgeblich durch lokale Wärmeübergangskoeffizienten bestimmt, die stark von Temperatur und Position abhängen und experimentell nur schwer erfassbar sind. Eine präzise Modellierung auf Basis fester Randbedingungen ist daher nicht ausreichend – genau hier setzt die Notwendigkeit einer elektro-thermo-fluidischen Kopplung an.
Dafür verwenden wir einen iterativen Simulationsansatz der ANSYS Workbench Platform, bei dem CFD- und FEM-Modelle gekoppelt werden: Die durch CFD berechneten lokalen Wärmeübergangskoeffizienten unter natürlicher Konvektion dienen als Randbedingung für das thermo-elektrische FEM-Modell. Umgekehrt werden die in der FEM berechneten Wandtemperaturen als Eingangsgröße für das CFD-Modell eingesetzt. Durch den iterativen Austausch zwischen beiden physikalischen Domänen entsteht ein konsistentes Modell des gekoppelten Wärme- und Strömungsverhaltens. Dies ist in Abbildung 1 dargestellt.

© Fraunhofer IWU
Abbildung 1. Iterative Kopplungsmethode zwischen CFD- und FEM-Modellen in der ANSYS Workbench
Simulationsergebnisse
Basierend auf dem Wirkstellen-Prüfstand wurde ein entsprechendes CAD-Modell inklusive Strömungsdomäne erstellt. In der CFD-Simulation berücksichtigten wir ausschließlich die natürliche, gravitationsgetriebene Konvektion – externe forcierte Strömung blieben unberücksichtigt.
Abbildung 2 zeigt ein typisches Simulationsergebnis für den Fall eines 300A-Stroms. Wie zu erwarten, konzentriert sich die höchste Temperatur im Bereich der Kontaktfläche und erreicht dort bis zu 170 °C. Mit zunehmendem Abstand nimmt die Temperatur ab. Auffällig ist, dass die untere Kontaktfläche etwas kühler bleibt als die obere. Dies lässt sich möglicherweise durch aufsteigende warme Luftströme erklären, die zu einer besseren Wärmeabfuhr im unteren Bereich führen, da kalte, dichtere Luft dort zurückbleibt. Auf Grundlage der Simulationen unter unterschiedlichen Betriebsbedingungen können wir darüber hinaus einen deutlichen Trend erkennen: Mit zunehmendem Strom steigt die Systemtemperatur signifikant an – und zwar mit wachsender Geschwindigkeit.

© Fraunhofer IWU
Abbildung 2. CAD-Modell des Wirkstellen-Prüfstands und Temperaturverteilung des Systems unter einer Strombelastung von 300 A
Die vorgestellte Simulation dient nicht nur der quantitativen Bewertung des Temperaturanstiegs bei verschiedenen Stromstärken, sondern ermöglicht auch die Analyse des Einflusses unterschiedlicher Kontaktmaterialien auf die Temperaturverteilung. Darüber hinaus kann abgeschätzt werden, ob thermisch belastete Bereiche auf benachbarte, empfindliche Komponenten übergreifen – ein entscheidender Beitrag für das thermische Design und die Lebensdauerbewertung solcher Systeme.
Titelbild/ Header: Via Chat GPT4o am 14.07.25 erstellt.
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