zukunftsfabrik

Wer gewinnt die Energiewende?

Innerhalb des öffentlichen Diskurses der Energiewende wird häufig ein eher negatives Bild einer verzichtsreichen Zukunft gemalt. Doch schon heute existieren bezahlbare Technologien, welche bereits bei geringen Investitionsvolumen einen klaren Mehrwert für alle Arten von Unternehmen garantieren. Dabei zeigt sich zunehmend, wer mutig agiert und in die Energieversorgung der Zukunft investiert, garantiert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmens.

Wie die Energiewende alle Arten von Unternehmen stärken kann, wenn wir sie als Chance begreifen. 

Klimawandel? – Abstrakte Sache 

Als gebürtiger Niedersachse wuchs ich in der Stadt eines großen deutschen Automobilkonzerns auf. Während meiner Kindheit und Jugend in der Autostadt hinterfragte ich dort geltende Werte nicht. Das Dieselauto brachte mich von A nach B und die Ölheizung sorgte für warmes Wasser unter der Dusche. Wie schon im Wirtschaftswunder ging es der Stadt gut, wenn die Schornsteine qualmten, die Bänder liefen und der Bonus am Jahresende üppig ausfiel. Das war die Welt, in der ich leben wollte und welche ich als unveränderbar ansah. 

Mit dem Ende eines eher durchschnittlichen Abiturs mit einem Fokus fernab der Naturwissenschaft erlosch der Traum vom Autobau. Ein Studium der Elektrotechnik führte mich über Umwege zu einer Anstellung als Hiwi in einer Arbeitsgruppe für Meteorologische Messtechnik. Dort hatte ich die ersten Berührungspunkte zu Klimatologen und Ingenieurinnen, die ihr gesamtes Arbeitsleben unsere Atmosphäre und deren Veränderungen widmeten. Anders als in den Jahren zuvor, in denen der Klimawandel eher eine abstrakte Idee für mich wahrgenommen wurde, wurden die damit verbundenen schwerwiegenden Veränderungen nun greifbar. Bei mir setzte immer mehr der Frust ein, denn aus vielen Richtungen konnte man hören, dass daran doch nur wenig zu ändern sei. Es ist zu teuer, der Ausstieg aus der Kohle kostet Wohlstand und Arbeitsplätze und zum Fleischverzicht ist die Mehrheit der Gesellschaft nicht zu bewegen.  

Aufbruchstimmung 

Dennoch wuchs in mir der Wunsch selbst tätig zu werden und aktiv zu handeln. Dieses Verlangen führte mich Anfang letzten Jahres an das Fraunhofer IWU. Mittlerweile arbeite ich seit acht Monaten in der Zukunftsfabrik. Aus dem Gefühl der Machtlosigkeit ist eine Stimmung des Aufbruchs geworden. Ich beginne zu begreifen, dass es ein weiter Weg zur Klimaneutralität ist. Dieser Weg bietet jedoch zahlreiche Chancen. Sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen können von einer Umstellung profitieren. Sie müssen sich nur trauen den Schritt nach vorne zu wagen. Im Folgenden werde ich anhand einfacher Beispiele erläutern, wieso sich der Umstieg lohnt und welche Herausforderungen zu meistern sind. Zudem zeige ich Ihnen, wie unsere Forschung Ihnen bei der Umsetzung künftiger Projekte hilft, ohne zu überfordern.  

Wie kann die Versorgung nachhaltig werden? 

Geht es um die klassische Energietechnik ist die Umstellung der Energieversorgung ein dreistufiger Prozess. Angefangen bei der Erzeugung, über die Speicherung, hin zum Verbrauch der erzeugten Energie. Diese drei Felder sind seit Jahren Gegenstand der Forschung und werden auch im IWU weiter vorangetrieben.  

Die Erzeugung elektrischer Energie konnte in den vergangenen Jahren große wissenschaftliche und technologische Erfolge verbuchen. Im Bereich der Solarenergie sank der Preis pro kWh zwischen 2007 und 2017 auf ein Viertel und seit 1991 sogar auf ein Siebtel des Aufgangspreises. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme von Juni 2021 liegt damit der Preis pro kWh bei Anlagen unter 30 kWp zwischen 5,8 und 8 Cent. Der Bezugspreis für Strom in kleinen Unternehmen mit einer geringen Abnahme lag im vergangenen Jahr bei über 30 Cent/kWh. Dabei liegt der Amortisationszeitraum einer solchen Anlage zwischen 9 und 11 Jahren im kleinskaligen Bereich und kann bei großen industriellen Anlagen bis auf sechs Jahre reduziert werden. Das bedeutet, dass der Wert der erwirtschafteten elektrischen Energie nach dieser Zeit die Investitionskosten übersteigt und die Anlage Gewinne einfährt.  

Windkraft als Mittel zum Zweck für die nachhaltige Gestaltung der Stromversorgung

Neben Solar spielt auch die Windkraft eine entscheidende Rolle in der Stromversorgung. Windkraftanlagen sind in der Lage über einen vollen Tag, bzw. ein volles Jahr, Erträge zu erwirtschaften. Dabei erwirtschaften sie im Jahresgang ein reziprokes Ertragsverhalten zur Photovoltaik, bei dem die Energieausbeute im Sommer geringer und zum Winter hin ansteigt. Somit garantiert Windkrfat in der Kombination mit Photovoltaik über ein volles Jahr stabile Erträge.   

Anlagen bis zu einer Gesamthöhe von 10 m erfordern keine Baugenehmigung und Anlagen bis zu 30 m und 10 kW lediglich eine Baugenehmigung, jedoch entfallen hier typische Gutachten wie Umwelt und Vogelschutz. Eine industrielle Nutzung kleiner Anlagen bis zu 30 m wird am IWU vorbereitet und dient als anschauliches Beispiel einer nachhaltigen industriellen Stromversorgung. Die Windkraft wird mit steigender Masthöher stetig ertragreicher und im großskaligen Bereich sinkt der Preis pro KWh deutlich. Laut der Studie des Fraunhofer ISE erreichen ertragreichen Standorte Preise von 4 Cent pro KWh. Ein Beispiel für die direkte Nutzung zeigt die Salzgitter Mannesmann AG im Projekt SALCOS bei dem insgesamt 30 MW durch firmeneigene Anlagen erwirtschaftet werden. Durch den direkten Strombezug erfolgt auch hier eine Einsparung der Netzentgelte.   

Was passiert mit überschüssiger Energie? 

Wenn überschüssige Energie nicht direkt selbst verwertet werden kann, bestehen zwei Verwertungsoptionen. Entweder wird die Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nach der gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung verrechnet oder die Energie wird innerhalb der eigenen Infrastruktur gespeichert. Bei der Speicherung existieren drei grundlegende Verfahren. Dabei wird zwischen elektrochemischen, thermischen und rein chemischen Energiespeichern unterschieden.  

Erstere ist eine weit verbreitete und erprobte Methode. Klassische Batteriespeicher werden schon heute in der Industrie zur Reduktion von Lastspitzen eingesetzt. In Zeiten eines sehr hohen kurzfristigen Bedarfs geben diese Energie frei, verringern somit die Netzlast und die vom Nutzer zu zahlenden Netzentgelte. Zusätzlich werden sie zur Erhöhung des Eigenverbrauchs der erneuerbaren Energie verwendet, was jedoch das Investitionsvolumen und die Amortisationszeit erhöht.   

Die thermische Speicherung ist in Bezug auf den Preis pro KWh die wohl günstigste, da die elektrische Energie in Form von Wärme gespeichert wird. Wird diese am jeweiligen Standort für Prozesse oder die Haustechnik benötigt werden, ist dies eine häufig unterschätzte aber durchaus lukrative Option.  

Durch den drastischen Anstieg des Gaspreises liegt dieser mittlerweile über der Einspeisevergütung für Solarstrom, wodurch das direkte Heizen mit Strom günstiger ist als eine Gasheizung. Dabei ist zu beachten, dass neben einer direkten Nutzung der elektrischen Energie die Nutzung einer Wärmepumpe im Jahresmittel das 2,6-fache an thermischer Energie zum Heizen gewonnen werden kann. Wobei diese Technik sowohl im industriellen als auch im privaten Bereich genutzt werden kann. Bei Neubauten oder dem Austausch alter Technik sollte die Möglichkeit vor dem Hintergrund hoher staatlicher Förderung betrachtet werden. 

Was ist eigentlich mit Wasserstoff? 

Neben den beiden zuvor genannten Speicherarten, welche am IWU erforscht werden, rückt eine neue Speichertechnologie stetig weiter in den Fokus der Öffentlichkeit. Hierbei handelt es sich um die Speicherung in Form von elementarem Wasserstoff, welcher durch die Elektrolyse aus einfach Wasser erzeugt und durch eine Brennstoffzelle Rückverstromt wird. Hierbei liegen die Wirkungsgrade jeweils bei ungefähr 50 %, wobei Verluste in Form von Wärme auftreten. Diese Wärme kann wiederum wiederum innerhalb der Produktion genutzt werden kann.  

Am Ende einer jeden Energieerzeugung steht der Verbrauch. Dieser ist ebenfalls Forschungsgegenstand am IWU. Hierbei ist es wichtig, von Seiten der Planer so wenig wie möglich in bewährte Prozesse einzugreifen und gleichzeitig die Energie optimal zu nutzen. Möglich ist hier die so genannte Lastverschiebung, welche besonders energieintensive Prozesse in Zeiten eines hohen Energieertrages verschiebt. Gleichzeitig ist eine Analyse der eigenen Prozesse jederzeit möglich, in welcher Einsparpotentiale identifiziert werden. Hierzu zählt zum Beispiel das Ausschalten von Maschinen bei Produktionsstopps oder die Aufwertung der eigenen Infrastruktur mit sparsamen modernen Maschinen. So können beispielsweise moderne Pumpen in der eigenen Haustechnik eine deutliche Einsparung im Vergleich zu der in die Jahre gekommen Technik gewährleisten, welche sich schon nach wenigen Jahren amortisiert. 

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich erneuerbare Energien grundsätzlich lohnen und auch kleine Investitionen langfristig einen Gewinn erwirtschaften. Wichtig ist hierbei, die Produktionsstätte als Gesamtsystem zu betrachten, bei dem die Haustechnik und das elektrische System zusammenarbeiten. Gleichzeitig ist es wichtig, einen vertrauensvollen Partner an seiner Seite zu wissen, welcher sowohl durch praktische Erfahrungen als auch neuste wissenschaftliche Erkenntnisse alle Bereiche der Energietechnik bespielt.  

Tom Schwarting

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