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OSHOP On Tour – Open Source Hardware Association Summit in Schottland

Open Source Software ist für die meisten ein Begriff, die Idee von Open Source Hardware ist weniger allgemein bekannt. Durch die Teilnahme am Open Hardware Summit in Edinburgh konnten meine Kollegin und ich uns in den internationalen Austausch mit Kolleg:innen aus aller Welt begeben. Neben der Vorstellung unseres eigenen OSHOP Projektes lernten wir sehr interessante Open Hardware durch inspirierende Vorträge kennen. Lesen Sie mehr.

Vom 30. bis zum 31. Mai fand der Open Source Hardware Summit in Edinburgh (Schottland) statt. Ich hatte das große Glück, zusammen mit meiner Kollegin Cäcilia Veliu von der HTW Dresden das Projekt OSHOP (Link zum Beitrag) vertreten zu dürfen. Neben unserem eigenen Stand, mit dem wir auf das Projekt OSHOP aufmerksam gemacht und uns stärker international vernetzt haben, konnten wir auch sehr interessanten Vorträgen zuhören. Die Open Source Hardware Association (OSHWA) veranstaltet diese jährliche Konferenz, die eine Plattform für alle Themen rund um Open Source Hardware bietet.

Abbildung 1. Unser Stand bei der Open Hardware Summit: Mit dabei hatten wir (neben hunderten Stickern) einen 3D-Messarm von unserem Kollegen Stefan Helmert. (© Maximilian Stange – eigene Fotografie)

Für alle, die sich fragen, was Open Source Hardware (OSH) eigentlich ist: OSH bezeichnet physische Geräte, deren Baupläne, Stücklisten und oft auch Software öffentlich zugänglich sind. Sie dürfen von allen genutzt, verändert und weiterverbreitet werden.

Drei Open‑Hardware‑Impulse für die Zukunftsfabrik

Die Vorträge und Projektvorstellungen auf der Konferenz boten zahlreiche Denkanstöße – insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Produktion. Drei Beispiele haben dabei für uns besondere Relevanz, weil sie konkrete Anknüpfungspunkte zu unseren eigenen Themenfeldern liefern.

Mothbox Project – Einfachere Datenerfassung der Artenvielfalt

Andrew Quitmeyers frei lizenzierte Mothbox lockt nachts Insekten mit Licht an, erfasst sie mit 64-MP-Kameras und lässt eine KI die Arten vorsortieren. Anschließend prüfen Fachleute tausende Bilder in wenigen Minuten. Solche hochauflösenden Felddaten können besonders wertvoll für regionalisierte Wirkungsabschätzungsmethoden wie LC-IMPACT oder Impact World+ sein, da sie die dort hinterlegten ortsspezifischen Biodiversitätsfaktoren kalibrieren und die Unsicherheiten reduzieren. In globalen Ansätzen wie ReCiPe 2016 können sie ebenfalls einfließen, werden aber stärker gemittelt. OSH kann also auch effektiv dazu dienen, genauere Daten für die Abschätzung von Umweltfolgen zu erlangen. Selbst wenn wir keine neuen Wirkungsabschätzungsmethoden entwickeln, können solche Informationen unsere Ökobilanzierungen, beispielsweise zum Werkstoff Aluminiumschaum (Link zum Beitrag), künftig deutlich aussagekräftiger machen.

FAIR Battery – offene Redox‑Flow‑Batterieplattform

Sanil Faez von der Universität Utrecht entwickelt mit FAIR Battery ein Open-Hardware-Baukastensystem für Redox-Flow-Batterien. Bei diesem Batterietyp zirkulieren zwei flüssige Elektrolyte in externen Tanks durch eine Reaktionszelle. Dadurch können Energiemenge und Leistung getrennt voneinander skaliert werden, was ihn ideal für stationäre Speicheranwendungen macht. Das Akronym FAIR steht für „Findable, Accessible, Interoperable, Reproducible” und zielt darauf ab, Baupläne, Stücklisten und Steuerungssoftware frei zugänglich zu machen – inklusive einer 3D-gedruckten Flow-Zelle, kostengünstiger Kunststofftanks und einer Open-Source-Regeltechnik. Die Plattform soll Entwicklungsprozesse beschleunigen, die Abhängigkeit von Lithium reduzieren und den globalen Wissenstransfer in der Batterieforschung erleichtern. Perspektivisch könnten Redox-Flow-Speichermodelle auch in unsere Energiesystem-Simulation EnSekoPlan (Link zum Beitrag) einfließen, um Produktionsstandorte noch realitätsnäher bewerten zu können, wie in unserem Beitrag zur gekoppelten Energieversorgung dargestellt.

Open Factory Test Systems – Qualitätssicherung von Anfang an

In der Fallstudie Cynthion zeigte Ingenieur Martin Ling, wie ein Produkt parallel mit einem offen dokumentierten Prüfsystem entwickelt wird. Dieser Ansatz verkürzt Anlaufzeiten, senkt Kosten und reduziert Ausschuss – ein Risiko, das viele junge Fertigungsbetriebe unterschätzen, wenn Testeinrichtungen erst spät entstehen. Weil Prüf- und Nacharbeitsstationen den Materialfluss maßgeblich beeinflussen, müssen sie bereits in der Layoutplanung berücksichtigt werden. In ereignisdiskreten Simulationen lässt sich anschließend analysieren, wie Fehlerraten und Rework-Schleifen Kapazitäten binden und im Extremfall Bottlenecks verursachen.

Was wir aus Edinburgh mitnehmen – fachlich und persönlich

Die Konferenz hat eindrucksvoll gezeigt, welcher organisatorische Aufwand hinter einem interdisziplinären Programm dieser Art steht – von der Auswahl relevanter Themen bis zur Abstimmung mit internationalen Referierenden und dem Community-Austausch. Auch wir befinden uns derzeit mitten in den Vorbereitungen für unsere eigene Open-Source-Hardware-Konferenz am 24.–25. November in Chemnitz (zur Veranstaltung) – mit vergleichbaren Herausforderungen rund um Programmgestaltung, Speaker-Koordination und Netzwerkaufbau. Der reibungslose Ablauf der Veranstaltung in Edinburgh war in dieser Hinsicht ein überzeugendes Beispiel und bietet viele Anregungen für unsere eigene Planung.

Neben dem inhaltlichen Input bleibt uns auch Edinburgh selbst in Erinnerung – mit seinen historischen Gassen, dunklen Steinfassaden und einer Portion Harry-Potter-Atmosphäre. Das typisch schottische Wetter könnte jedoch beim nächsten Mal besser sein: vier Jahreszeiten innerhalb einer Stunde – von Sturm über Sonnenschein bis zu sintflutartigem Regen – müssen nicht sein. Und nicht zu vergessen: die stylische Open Source Hardware Summit-Tasse, die jetzt unseren Büro-Kaffee begleitet – ein kleines, aber schönes Stück gelebter Community.

Titelbild/ Header: eigene Fotografie (© Maximilian Stange)

Maximilian Stange

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